Liebes Mariaebene Team, Liebe Kiffer,
Ich wurde vor einer Woche ohne mir ersichtlichen Grund von zwei Polizisten auf offener Strasse durchsucht. Das war am Wiener Gürtel. Ich war weder bekifft, noch sonst irgendwie auffällig, und im Grunde nur auf dem Weg zur nächsten Ubahn Station, um nach Hause zu fahren.
Soweit so gut - sie haben in meiner Tasche ein paar alte Brösel gefunden, die sie als “Cannabiskraut” deklarierten. Ohne auch nur irgendwelche Bemühungen anzustellen, daran zu riechen, oder sonst irgendwie festzustellen, ob sie richtig lägen, haben sie mich auf ihre Wachstube mitgenommen, um meine Daten aufzunehmen und dann Anzeige erstattet.
Die beiden waren so engagiert, dass sie nach der Anzeigeaufnahme sogar eine weitere, detailliertere Inspektion an mir durchführten - sie wollten zB. meine Unterhose sehen - auf jeden Fall waren sie ziemlich verärgert darüber, nicht noch mehr “Suchtgift” gefunden zu haben und liessen mich das stark spüren. Das ganze hat über zwei Stunden gedauert. Diese Details schreibe ich eigentlich nur, um andere Leser zu warnen. Die Wiener Polizei scheint immer detailverliebter zu werden, ihrem Auftrag nachzukommen, “Haschisch-Süchtige” zu überführen und zu bestrafen.
Ich bin circa 40 Jahre alt, unbescholten, berufstätig, und kiffe recht gerne. An sich hatte ich die letzten 25 Jahre kein Problem damit und bin von einer Mehrheit an Leuten aller Altersklassen umgeben, denen es genauso geht. Ich würde niemals bekifft Auto fahren und betrachte mich keineswegs als Gefahr der Gesellschaft. Aufgrund der Menge (geschätzte 0.1 Gramm) befürchte ich eigentlich auch rechtlich keine ernsthaften Folgen.
Einen blöden Aspekt hat das ganze natürlich schon: Nach diesem Vorfall musste ich leider feststellen, dass 2008 in Österreich ein “Suchtmittelregister” etabliert wurde, in dem jeder Vorfall, der in irgendeiner Weise mit Suchtgift oder auch nur dem blossen Verdacht darauf gnadenlos eingetragen wird. Zu meinem Erschrecken werden die Einträge dort niemals wieder endgültig gelöscht. Ich muss mich wohl damit abfinden, dass ich - unabhängig davon, was bei der Sache herauskommt - lebenslang als “markiert” gelte. Hoffentlich können die werten alpenrepublikanischen Beamten, die ja schon mehrfach für internationales Gelächter diesbezüglich gesorgt haben, in Zukunft besser auf ihre Daten aufpassen, als bisher.
Nun gut, ich sehe es ein - rein legislativ habe ich gegen ein Gesetz verstossen. (Die Polizisten übrigens auch, die dürfen offenbar garnicht eine Durchsuchung auf offener Strasse ohne “Gefahr im Verzug” durchführen - im Nachhinein ist man oft klüger.) Jetzt sind ein paar Fragen aufgekommen:
Ich weiss eigentlich garnicht, was genau, und wie alt diese Brösel waren. Mit Sicherheit hätte ich sie nicht mehr geraucht, wenn ich gewusst hätte, dass sie noch existieren. Wird das gefundene Kraut nach der Beschlagnahmung eigentlich genau analysiert? Bleibt die Anzeige bestehen, wenn es sich dabei zB. um CBD Gras handelt, das ja heutzutage sogar legal angeboten wird? Und bekomme ich das in diesem Fall wieder zurück? Da ja scheinbar der blosse Verdacht ausreicht, zum Amtsarzt geschickt zu werden: muss ich dann trotzdem da hin und um meinen Führerschein fürchten? Hängt die Strafanzeige und das weitere Vorgehen der Gesundheitsbehörde irgendwie zusammen?
Was passiert, wenn ich - im Falle einer Ladung zum Amtsarzt - einem Urintest unterzogen werde, der positiv ausfällt? Kann mir doch im Prinzip egal sein - selbst wenn sie mir den Führerschein abnehmen sollten - ich fahre sowieso 99% aller Wege mit dem Fahrrad, Zug und Flugzeug und überlege seit Jahren, mein Auto zu verkaufen. Gibt es sonstige Konsequenzen? Muss ich dann immer wieder zum Test, bis ich endlich als von meiner Sucht befreit gelte?
Macht es nicht vielleicht sowieso mehr Sinn, den Staatsanwalt dazu aufzufordern, den Prozess zu eröffnen, selbst wenn der Urintest negativ ausfallen sollte? Der Richter wird doch nicht genauso bescheuert sein, wie die Polizisten, und sich langwierige Verhandlungen wegen 0.1 Gramm Gras antun, oder? Und ein Freispruch wäre doch besser, als 5 Jahre lang das Risiko einzugehen, ein zweites Mal erwischt zu werden und sich damit noch mehr Probleme einzuhandeln! Oder kennt der Staat in solchen Strafverfahren sowieso kein Pardon?
Und am allerwichtigsten: Wer bekommt denn aller Einsicht in diesen 5 Jahre lang bestehen bleibenden Eintrag? Grenzbeamten? Verkehrskontrollen? Es gibt ja Abkommen mit der EU und den USA. Sehen das auch Beamten anderer Länder? (mal vorausgesetzt, die können wirklich auf ihre Daten aufpassen. anderenfalls bin ich wohl eh schon international bekannt)
Vielen Dank dafür, dass es euch gibt. Ich finde es toll, dass ihr hier für Aufklärung sorgt.
Alles Gute,
Ein Kiffer, der dazu steht, und sich überlegt, den Staat zu verklagen!